Tinnitus mit TCM behandeln


Tinnitus aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin

Tinnitus

Über drei Millionen Menschen in Deutschland leiden an Tinnitus. Abgesehen von ganz seltenen Ausnahmen hören die Patienten ein Geräusch, dass subjektiv nur sie hören. Man kann es nicht objektiv wahrnehmen und nicht messen. Das macht es auch schwierig für die Patienten, denn Ihr Leiden ist quasi unsichtbar.

Die Geräusche können leise und langsam beginnen, oder auch plötzlich und hochfrequent. Manche hören ein Pfeifen, manche Klingeln oder Rauschen wie Wasser. Manchmal tritt Tinnitus nach akutem Stress auf und verschwindet dann wieder, aber bei vielen Menschen bleibt er auch dauerhaft. Nach drei Monaten kann man den Tinnitus als chronisch bezeichnen. Manche Patienten leiden sehr unter diesem Geräusch. Sie können sich schwer konzentrieren, haben Schlafstörungen, denn oft empfindet man nachts, wenn alles ruhig ist, das Geräusch als besonders belastend.

Die Umwelt hat oft nur begrenzt Verständnis.

Früher glaubte man, die Störung liegt im Innenohr, in der sogenannten Schnecke ( siehe Foto oben) Hier sind die Sinneszellen, die für das Hören von Tönen zuständig sind. Die Sinnesreize werden vom Hörnerven  weitergeleitet zum Gehirn. Bei einem durchtrennten Hörnerven blieb der Tinnitus aber bestehen. Nach letztem Stand der Schulmedizin handelt es sich also im Grunde um eine Fehlprogrammierung im Gehirn, in der Hörrinde, der Teil des Gehirns, der für das bewusste Hören zuständig ist. Wie der Tinnitus genau entsteht, weiss man aber bis heute noch nicht genau. Es gibt viele Theorien zur  Entstehung, zum Beispiel eine Fehlhaltung der Halswirbelsäule, Schlafmangel und Stress, aber auch Störungen im Ohr selbst. Da man die genaue Entstehungsgeschichte nicht kennt, gibt es auch keine ursächliche Therapie.

 

 

 


Tinnitus in der Chinesischen Medizin

 

In der TCM stellt der Therapeut als erstes Fragen über die Art und Weise, die Modalitäten der Geräusche. In der Chinesischen Medizin stellt sich als erstes die Frage nach Leere und Fülle. Es gibt Krankheitssymptome auf Grund eines Mangels, weil nicht genug Kraft und Energie da sind und es dadurch zu einer Unterversorgung kommt, oder aber  auf Grund einer Fülle. Das heisst, es ist von etwas zu viel im Körper. beispielsweise ein Krankheitserreger. Dazu kommen dann oft noch andere Symptome und man kann die Störung in ein bestimmtes Muster einordnen. Es gibt aus Sicht der TCM drei wichtige Ursachen für Tinnitus:  eine Schwäche der Nierenenergie, Schleim, der den Energiefluss stört und eine Problematik der Leber durch Stress und emotionale Belastung. Diese Störungen können natürlich auch gleichzeitig auftreten. Dann muss man herausfinden, wo der Ursprung der Störung liegt.Die meisten Patienten, die unter Tinnitus leiden, haben eher ein Problem mit einer Fülle Symptomatik.

 

Leere

  • ein leises Geräusch, periodisch auftretend
  • wie Wasserrauschen
  • langsamer Beginn
  • nachts in Ruhe stärker
  • Druck von außen fühlt sich besser an
  • sonstiges Schwächegefühl
  • Leereempfindung im Kopf

Fülle

  • plötzlicher Beginn
  • hochfrequentes, lautes Geräusch
  • bei Stress und emotionaler Belastung schlechter
  • bei Alkohol, Nikotin schlechter
  • nachts und bei Ruhe besser
  • bei Lärm schlechter
  • Benommenheit


Leere

 

Tinnitus durch eine Schwäche der Nierenenergie

 

In der Chinesischen Medizin heisst es, die Niere öffnet sich in den Ohren. Demnach hat die Niere einen Bezug zum Tinnitus.

Die Organe haben in der TCM eine andere Bedeutung als in der Schulmedizin. Die Niere hat neben der Regulierung des Wasserhaushalts sehr viel mehr Aufgaben. Aus Sicht der TCM ist sie Sitz der Vitalität, der Lebenskraft. Hier wird das gespeichert, was man vererbt bekommen hat, quasi das genetische Material, aber auch die dazugewonne Energie. Die Niere hat aus Sicht der TCM Bezug zum Gehirn und zu den Nerven. Alle zyklischen Vorgänge, Sexualität, Wachstum werden hier gesteuert. Mit zunehmendem Alter lässt die Nierenenergie  nach. So erstaunt es nicht, dass ein Nachlassen des Hörvermögens in höherem Alter ein normaler Alterungsprozess ist. Schwere und chronische Erkrankungen, traumatische Erlebnisse aber auch ein exzessiver Lebenswandel beschleunigen diesen Vorgang.

Ein Tinnitus vom Leere -Typus ist also Ausdruck einer Schwäche der Nierenkraft. Es gibt ein Problem, die Ohren mit genügend Energie zu versorgen, weil es an Energie mangelt.Qi erreicht nicht die Ohren.

 


Qi = eine Art universelle Lebensenergie in der TCM, zirkuliert im ganzen Körper innerlich und äußerlich

 

Hier auf der Akupunkturpuppe sieht man  die Meridiane, Energieleitbahnen, die am ganzen Körper überwiegend symmetrisch verlaufen. Hier kreist Qi äußerlich und man kann über die Akupunkturpunkte darauf Einfluss nehmen.

Mit Akupunktur kann man Energie bewegen, von einem Ort wo vielleicht zu viel ist zu einem wo ein Mangel herrscht.

 

Behandlungsprinzip bei Tinnitus auf Grund einer Leere der Niere

Bei einer Leere der Niere Energie kann man nicht so viel Qi bewegen, weil zu wenig da ist. Es geht also darum die Niere zu stärken, damit sie wieder mehr Energie hat.

Hier ist es sinnvoll Akupunktur mit Chinesischen Kräutern zu kombinieren, weil Kräuter besser die Substanz wieder auffüllen.

 


Fülle

 

Feuchtigkeit und Schleim blockieren den Energiefluss zum Ohr

Was hat Ernährung mit dem Hören zu tun?

 

Aus Sicht der TCM führt zu viel und falsche Ernährung zu Feuchtigkeit und Schleim. Schleim muss nicht so aussehen wie wir uns das vorstellen, er kann auch substanzlos sein.  Feuchtigkeit und Schleim blockieren aus Sicht der Chinesischen Medizin den Energiefluss im Körper und sind der Ursprung vieler Krankheiten und Störungen im Körper.

In der TCM sind Magen und Milz für den Stoffwechsel und die Bereitstellung von Energie aus der aufgenommenen Nahrung zuständig. Die Milz ist im Unterschied zur Schulmedizin sehr wichtig für den Stoffwechsel. Falsche Ernährung schwächt die Milz und führt zur Entstehung von Feuchtigkeit und Schleim.

Was heisst falsch? In vielen Punkten deckt sich die Vorstellung mit der westlichen Sicht. Generell ist zu viel Essen nicht gut, zu fett, zu viel Fleisch und Zucker sowie Fertigprodukte. Aber in der TCM kommt noch die thermische Qualität von Nahrungsmitteln hinzu. Thermisch kalte Nahrungsmittel sind z.B. Salate, Rohkost und Milchprodukte. Im Gegensatz zur westlichen Vorstellung, wo Rohkost und Joghurt als sehr gesund gelten, ist es in der chinesischen Medizin so , dass man solche Nahrungsmittel nur in geringem Umfang zu sich nehmen sollte. Kalte Nahrungsmittel sollte man verstärkt im Sommer essen oder bei innerer Hitze wie z.B. Fieber. Die meisten Menschen neigen aber eher zur Kälte und zu einer Schwäche der Milzfunktion und dann tragen zu viele solche Nahrungsmittel zur Enstehung von Feuchtigkeit bei,  was wiederum den Stoffwechsel weiter verlangsamt und behindert.

Am Kopf, auch bei Tinnitus hat man das Gefühl alles dumpf wie durch Watte wahrzunehmen. Tinnitus hört sich manchmal an wie Grillenzirpen. Die Energieleitbahnen sind quasi verstopft. Es gibt zwar Energie, aber die kommt nicht an.

 

Behandlungsprinzip bei Schleim

Man muss den Schleim Feuchtigkeit auflösen und ausleiten,die Leitbahn wieder durchgängig machen und Qi bewegen. Schleim neigt bei Stagnation zur Bildung von Hitze. Nach genauer Diagnose muss man ein individuelles Kräuterrezept erstellen, was den Schleim auflöst, bei Hitze kühlende, schleimauflösende Kräuter. Ideal ist eine Kombination von Akupunktur und Kräutertherapie. Nach Möglichkeit sollte man natürlich seine Ernährungsgewohnheiten verändern. Das ist bei jedem Menschen verschieden und jeder Patient erhät individuelle Ernährungsratschläge.

 


Fülle

 

Tinnitus aufgrund einer Leber Energie (Qi) Stagnation, durch emotionale Anspanung und Stress

 

Viele Patienten haben  einen Tinnitus auf Grund  einer Leberproblematik. Das heisst nicht, dass man deswegen schulmedizinisch Probleme mit der Leber haben muss. Die Leber ist aus TCM Sicht  im Körper für den reibungslosen Fluss von Energie im ganzen Körper zuständig. Stress und übermässige Emotionen blockieren die Leberenergie.

Im alten China hat man die Leber als General bezeichnet. Während das Herz, der oberste Kaiser ist, regeln die Minister den Ablauf des Königreichs. Das Herz möchte in diesem Bild seine Ruhe und möglichst nicht gestört werden. Es möchte zufrieden und glücklich auf sein Reich schauen.

Die Leber ist dafür da Pläne zu schmieden und Visionen auszuarbeiten. Die Gallenblase und die Leber arbeiten eng zusammen. Die Gallenblase setzt die Pläne in die Praxis um. Oberstes Ziel, dass das Herz, und damit auch der Mensch zufrieden ist.

Es soll voran gehen, Ziele sollen verwirklicht werden. Die Leber steht für Wachstum und Expansion, Stagnation hasst sie. Eine ausgeglichene Leber kann flexibel reagieren. In China sagt man, dass die Leber flexibel wie Bambus sein soll. Wenn eine eingeschlagene Richtung nicht funktioniert, dann muss man sich eben einen anderen Weg suchen um sein Ziel zu erreichen. Eine gestresste oder geschwächte Leber kann das nicht. Man rennt bildlich gesprochen gegen eine Wand. Noch ewig lang kann man sich aufregen, dass der Zug nicht gekommen ist, obwohl sich nichts ändert. Die zugehörige Emotion der Leber ist die Wut. Kann man die nicht ausleben, kommt es zu einer Frustration und Gereiztheit oder zu gelegentlichen explosionsartigen Entladungen. Die Leberenergie hat physiologisch die Tendenz nach oben aufzusteigen. So findet man viele Symptome der Leber Qi Stagnation im Kopf. Ein Mensch mit Bluthochdruck und rotem Kopf und pochenden Schläfenkopfschmerzen, ein typisches Bild einer Leber Stagnation. Das nennt man aufsteigendes Leber Yang.

Leber und Gallenblase gehören zusammen und die überschüssige Energie der Leber wird auf die Gallenblase abgegeben. Die Gallenblasenleitbahn läuft seitlich am Körper entlang an der Schläfe vorbei und direkt durchs Ohr, so kann man sich vorstellen, dass es zu Störungen im Ohr wie auch Tinnitus kommen kann.

 

Behandlungsprinzip bei Tinnitus durch eine Leberproblematik

Als erstes muss man man die Leber beruhigen und die nach oben schlagende Energie wieder absenken. Das geht mit bestimmten Akupunkturpunktkombinationen meist ziemlich schnell. Anschliessend muss diagostiziert werden, warum das so ist, denn eine harmonische Leber würde so nicht reagieren. Meist ist die Leber auch in Funktion geschwächt, dass sie die Energie nicht im Zaum halten kann. Das kann viele Ursachen haben wie Überarbeitung und Stress, zu viele Sorgen, zu wenig Bewegung oder falsche Ernährung. Das muss individuell diagnostiziert werden. Dann kann man mit individuell zusammengestellten Kräuterrezepturen und/ oder Akupunktur für eine Harmonisierung sorgen.

Natürlich sollte der Patient versuchen seine Lebensumstände zu überdenken. Wo kann man eventuell Stress aus dem Alltag nehmen? Dabei kann man sehr gut mit chinesischer Medizin unterstützen.

Viele Menschen, die eine Leber Qi Stagnation haben, trinken gern Alkohol um "runter zu kommen" Das funktioniert auch. Alkohol entspannt die Leber, aber nur vorübergehend. Zu viel Alkohol erzeugt Feuchtigkeit, die wiederum alles blockiert.

Am Abend fühlt es sich gut an mit Alkohol. Man entspannt sich, alles wird leichter. Aber das Gefühl eines Katers am Morgen ist Feuchtigkeit pur. Man fühlt sich schwer und benommen.

Auf Dauer ist Alkohol ist kontraproduktiv wenn man gestresst ist. Dagegen hilft Bewegung auf gesunde Weise eine Stagnation zu beseitigen

 

 


 

Erfolgsaussichten einer Tinnitusbehandlung mit TCM

 

Man kann es schwer voraussagen wie eine Therapie anschlägt. Bei manchen Menschen erfolgt sofort eine Verbesserung, bei manchen dauert es lang.  Im Durchschnitt muss man mit ca 10-12 Terminen rechnen um Tinnitus erfolgreich zu behandeln. Je länger andauernd, also um so chronischer eine Störung, um so langwieriger in der Regel eine Therapie. Bei manchen Patienten verschwindet das Geräusch ganz, bei manchen wird es zumindest leiser und besser erträglich.

Viele Menschen sind für jede Verbesserung dankbar, denn die Schulmedizin bietet keine Behandlungsalternative.

Bei besonders hartnäckigen und chronischen Fällen hat sich die "Yamamoto Neue Schädelakupunktur (YNSA)"

bewährt.

 

YNSA - Yamamoto Neue Schädel Akupunktur  bei Tinnitus

 

Diese Form der Akupunktur wurde in den siebziger Jahren von dem japanischen Arzt Dr. Toshikatsu Yamamoto entwickelt und seitdem ständig weiterentwickelt.  Im Vergleich zur klassischen Körper- oder Ohrakupunktur ist die Schädel-Akupunktur besonders gut geeignet für neurologische Erkrankungen und Tinnitus geeignet. Es werden nicht die klassischen Akupunkturpunkte genadelt, sondern diejenigen am Kopf, die neurologisch aktiv sind. Um die richtigen Punkte zu finden, wird auch der Hals und die Bauchdecke abgetastet. Dr. Yamamoto hat festgestellt, dass bestimmte Areale am Körper eine Entsprechung an anderen Orten haben. In einzelnen Arealen steckt sozusagen das Abbild des ganzen Körpers. Diese Methode wurde ständig weiterentwickelt und man fand Punkte am Kopf, die Einfluss auf die Hirnnerven und bestimmte Bereiche des Gehirns haben. Keine Angst, Akupunkturnadeln am Kopf sind nicht besonders schmerzhaft. Es handelt sich um sehr dünne, sterile Einmalnadeln japanischer Art, die minimal tief genadelt werden.

Bei Tinnitus hat diese Methode eine gute Wirksamkeit.

 Es gelingt zwar nicht immer, das Ohrgeräusch vollständig zu beseitigen, aber die meisten Patienten sind schon begeistert, wenn das Geräusch besser erträglich wird.

Geschrieben von Ute Matzpreiksch-Lokies